Garagen sind überall – so alltäglich und unscheinbar, dass wir sie kaum bewusst wahrnehmen. Sie sind Teil der Wohnung, des Hauses, der Nachbarschaft. Gleichzeitig sind sie angebunden an ein überwältigendes Netzwerk aus Wegen, Straßen, Autobahnen – die Infrastruktur. Sie sind Ausgangs- und Endpunkte der Bewegung mit dem Auto und verweisen so immer auf ein Anderswo.
Zugleich sind Garagen Dingorte. Sie sind Abstellplatz (nicht nur für das Auto) und Rumpelkammer mit eigener Ordnung.
Garagen sind ebenso oft Orte der Aneignung und Umnutzung, Möglichkeitsräume, Aufenthaltsort oder Werkstatt. Hier werkelt und schraubt man(n) oder feiert improvisierte Feste. In Garagen trifft man Bastler und Profis. Hier beginnen Mythen, multinationale Konzerne werden hier ebenso gegründet wie Punkbands. Garagen scheinen zunächst klassische Männerorte zu sein. (Oder was sagt uns ihr „Imaginäres“, wenn Frauen in Horrorfilmen zuhauf in Garagen ermordet werden?)
Garagen schwanken immer auch zwischen heimlich und unheimlich. Garagen haben die Architektur einer Höhle. Ein Tor schafft die Trennung zwischen drinnen und draußen, zwischen öffentlich und privat. Sie sind Schwellen- und Zwischenräume.
Die Praktiken und Dinge in der Garage lassen Rückschlüsse zu auf allgemeine kulturelle Logiken. Und obwohl das Auto unsere Kultur und Umwelt prägt – so sehr, dass man sagen könnte, wir leben gar in einer Kultur des Automobils – sind Garagen, diese Häuser für Autos, sozialwissenschaftlich bisher kaum untersucht. Wir machen den Anfang und schauen genauer hin.
Über das Projekt
Das Projektseminar „Männer in Garagen“ ist eine Kooperation des Instituts für Europäische Ethnologie der Humboldt Universität Berlin mit den Sophiensælen. Die Sophiensæle initiierten im September 2014 mit „Männer in Garagen“ ein Performancefestival in einer Berliner Garagenzeile, in der zwölf Garagen von jeweils einer Künstler_innengruppe bespielt werden. Eine zusätzliche Garage richteten die Studierenden des Projektseminars der Humboldt Universität Berlin als Diskursgarage ein. Betreut wurde das Projekt von Petra Beck und Caro Genz.
Im Rahmen kleiner Feldforschungen nutzen die Studierenden die Methoden der Europäischen Ethnologie, um den noch weitgehend unerforschten Sozialraum Garage aus verschiedenen Blickwinkeln zu erkunden – mit Detaileinblicken, Fotografien, Mapping, Interviews, Fundstücken und Hintergrundinformationen.
Für alle, die nicht dort sein konnten und alle, die mehr wissen wollen, gibt es diese Seite.
Auf der interaktiven Karte finden sich Garagenbilder aus ganz Berlin. Im „Garagenhof Storkower Straße“ untersuchen wir die spezielle „Ordnung der Dinge“ in Garagen und ihre individuelle Nutzung und Ästhetik. In der „Bikergarage“ gehen wir der Garage als Sozialraum nach, vom improvisierten Geburtstagsfest bis zum in der Nachbarschaft fest etablierten Clubhaus. Und der „Gründergarage Pankow“ nähern wir uns mit ethnographischen Interviewsequenzen und Soundspaziergängen.