von: Irina Quander
»Häuser als Einladung zur Reise und Orte der Rückkehr
Häuser mit Lagerräumen für persönliche Dinge, so genannte Selfstorage-Häuser, haben es Petra Beck angetan. Für ihre Magisterarbeit „Restopia. Selfstorage als urbane Praxis“, die sie an der Philosophischen Fakultät verfasste, erhielt sie den Georg-Simmel-Preis. Petra Beck erklärt die Entstehung, Entwicklung und Nutzung dieser Häuser, die eine neue Form des urbanen Raums darstellen. Wie wirken diese Häuser in einem städtischen Bebauungssystem und wie sehen die Zusammenhänge der Selfstorage-Häuser mit urbanen Gesellschaftsstrukturen aus?
Als Forschungsgrundlage dienten dabei insgesamt 14 Selfstorage-Häuser in Berlin und München. Das aus Amerika stammende Prinzip der Lagerstätten ist auch kulturell sehr interessant. Gerade in einer Zeit, in der die Gesellschaft ein möglichst freies Leben ohne größeren Ballast anstrebt, wird ein Teil des sowieso knapp bemessenen urbanen Raums als Lagerraum in Anspruch genommen. Die Frage nach dem Warum und die Motivation der Nutzer wird in der Arbeit der Europäischen Ethnologin ebenfalls behandelt. In Interviews erzählen Selfstorage-Nutzer ihre persönlichen Geschichten und Erfahrungen.
Man erfährt, wieso aussortierte Dinge in vielen Fällen offenbar lieber zwischengelagert als endgültig entsorgt werden. In anderen Fällen werden die Lagerräume auch als Stellplatz für den Hausrat Auslandsreisender genutzt, sie sind „Einladung zur Reise und zugleich Orte der Rückkehr“. Sie bieten dem Nutzer die Möglichkeit, sich von Dingen zu befreien, ohne sich dieser endgültig entledigen zu müssen. Diese Unentschlossenheit und die Möglichkeit, sich dem „Entweder-Oder“ entziehen zu können, ist für unsere heutige Gesellschaft anscheinend ein wichtiges Bedürfnis, das durch die Option des Selfstorage-Hauses gedeckt wird. In den leblos wirkenden Häusern mit kleineren, meist durch Wellblech-Tore abgeschlossenen Räumen finden sich zahlreiche persönliche Gegenstände, die jeweils eine Geschichte erzählen. So zerfallen unpersönlich scheinende Häuserkomplexe in intime Kleinräume, die sich in das Stadtbild der modernen Gesellschaft einfügen.
Selfstorage-Häuser haben die urbane Struktur verändert und werden das moderne Stadtbild auch in der Zukunft beeinflussen. Ein spannendes Thema der Stadtforschung, das in der Magisterarbeit von Petra Beck aufgegriffen und dokumentiert wurde, bestätigte die Jury.«