»Speicher, Depots, Garagen. Wie viel Platz brauchen wir?«
Präsentation: Peter Waldenberger.
Seit wir uns zum Zweibeiner aufgerichtet haben, wollen wir aufbewahren. In der Urzeit des Menschen war das eine existenzerhaltende Maßnahme: Nahrung nach der Jagd zu horten bedeutete, nicht gleich am nächsten Tag für seine Sippe wieder jagen zu müssen. Seit der Mensch dazulernt, will er aber auch Gelerntes speichern, für sich, die Nachwelt und vielleicht sogar – durch und durch emotionaler Zeitgenosse – aus nostalgischen Gründen. Speicher und ihre Systeme sind heute ein alle Lebensbereiche durchdringendes Thema: Lagerhallen, Parkhäuser, Magazine, Getreidespeicher, Selfstorage-Räume, Bibliotheken, virtuelle Archive. Doch was gespeichert, gehortet, gelagert, aufbewahrt werden soll und vor allem für wie lange, ist eine Frage, auf deren Antwort niemand eine letztgültige Antwort geben kann.
Besondere Probleme wirft die Langzeitarchivierung von digitalen Informationen auf, da die Haltbarkeit gegenwärtiger Datenträger begrenzt ist. In unserer vergleichsweise jungen digitalen Welt sind Daten-Teile bestimmter Programme gar nicht mehr lesbar. Und die künstlerische Produktion der Gegenwart ist sowieso zu einem beträchtlichen Teil von Archiv-Bezügen geprägt: Was, wenn unser Wissens-Horizont überbordet? Was, wenn das Überborden der Archive eine Artikulation in der Gegenwart mehr und mehr zu ersticken droht? Und ganz pragmatisch wird für immer mehr Museen und Kunst-Institutionen die Frage virulent: Wohin mit der Hardware der Kunst, die mehr und mehr wird, mit Gemälden, Videos, Installationen, Plastiken? Und vor allem: wie sie verwahren, haltbarmachen und für wie lange?
Inhaltsverzeichnis
Digitaler Speicher
Mit Verlust ist zu rechnen, möchte man fast sagen. Raffael Fritz über Datenspeicher und Datenverluste. Und seinen digitalen Nachlass.
Verdauungsapparate der Konsumgesellschaft
nennt eine Gesprächspartnerin in Martina Frühwirths Beitrag jene Depots, die auch in Europa immer beliebter werden: Selfstorage-Räume.
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Raumfresser Parkgarage
Nicole Dietrich hat einen neuen Planeten entdeckt. Und ihm eben diesen Namen gegeben: Parkgarage. Sie wird uns eine kleine Typologie präsentieren. Von Gründerzeithaus-Fassaden erzählen, die sich wie Vorhänge verschieben oder von Parkhäusern berichten, die sich wie Bergwerke bis zu 70 Meter in den Erdboden bohren.
Kunst-Depots
Anna Soucek traf zwei Kunst-Experten, mit denen sie sich über das omnipräsente Thema Deponieren, Archivieren und Aufbewahren von Kunst unterhalten wird. Es entsteht ja immer mehr Kunst – aber wohin damit? Und was mit der alten tun?
Garagen-Pop
Robert Rotifer mit einer scheppernden Geschichte über die Garage in der Popmusik.
Speicher als Land Art
Erich Klein nennt sie “Große Trümmer”: die Wiener Flaktürme, die heute als Menschen-, Fisch- und Kunstspeicher dienen; oder die gigantischen Kornspeicher im Alberner Hafen; oder der ehemalige Getreidespeicher am Handelskai, der zum Hilton-Hotel wurde. Es zieht sich eine ganze Kette an historisch aufgeladener und interessanter Getreidelager-Architektur vom Schwarzen Meer bis nach Deutschland.
Ab damit in den Berg
Weil in Österreich bestimmtes Datenmaterial wirklich gut geschützt werden soll – wir sprechen von Daten der Ministerien und des Bundespräsidentenamt -, weil sie wegen Naturkatastrophen oder in Kriegsfällen geschützt werden sollen, kommen Festplatten in den sogenannten Hochsicherheitsspeicher. Der ist in St. Johann im Salzburger Pongau und so was von geheim, dass Anna Masoner ein Preis dafür gebührt, dass sie darüber mit den Angestellten überhaupt sprechen konnte. Sie war auch drin – im Berg.
Kleinmöbel und Musik
Wir machen einen kleinen satirischen Ausflug in die Garage von Gerhard Polt. In “Diagonals Feinem Musiksalon” wird ihnen Ines Mitterer das kürzlich mit dem Latin-Grammy ausgezeichnete Album “Abracaco” vorstellen. Stammt von keinem Geringeren als vom Brasilianer Caetano Veloso, der sich zum 70sten Geburtstag damit selbst beschenkte.
Die Musik zwischen den Beiträgen kommt – mit Ausnahme einer Nummer – von einem Album, das wohl zu den besten Platten der letzten Wochen gehört. “Every Day Is Like The First Day” heißt es, von der aus Israel stammenden Postpunk-Veteranin Malka Spigel – allerdings mit sehr prominenter Unterstützung: Johnny Marr, das Balanescu Quartet, Andy Ramsey und ein paar andere wirkten mit.
Diagonal – Zum Thema: Speicher, Depots, Garagen.
http://oe1.orf.at/programm/328035